Die Schlachtschiffe der Scharnhorst Klasse – Revell 1:1200

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KaleuNW
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Eine Vorbemerkung zu den Revell Schiffen in 1:1200

In den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden eine ganze Reihe von bekannten Kriegsschiffen aus der Zeit des 2. Weltkrieges im Massstab 1: 1200 auf den Markt gebracht.
Anfangs des Jahrzehnts wurden viele von der Firma Casadio entwickelt und für kurze Zeit angeboten. Ab 1977 trat Revell erstmals mit einer Reihe von 1:1200er Modellen auf dem Markt auf. Ich vermute, dass Revell die Formen von Casadio übernommen hat und seither Bausätze von diesen nun schon sehr alten Formen immer wieder in neuer Verpackung anbietet. Zielgruppe sind wohl in erster Linie Jugendliche, die mit diesen sehr vereinfachten Modellen für den Modellbau gewonnen werden sollen. Dieser noch unerfahrenen Gruppe kann man die veralteten Formen von Generation zu Generation unverfroren immer wieder anbieten, weil man davon ausgehen kann, dass ihre Ansprüche bezüglich Authentizität und Modellumsetzung noch wenig ausgebildet ist.

Oder anders gesagt, alle diese Modelle entsprechen in keiner Weise mehr dem heutigem Formenbau und Modellbaustandard. In ihrer Gesamterscheinung einigermassen stimmig, sind sie doch unnötig vereinfacht, viele Details fehlen, manchmal sind Teile falsch modelliert und die Dimensionen werden grosszügig gehandhabt. Beispielsweise sind die Rumpfhöhen permanent zu hoch und Kleinteile stark vergröbert auf den Decks angegossen. Würden doch die Modelle nur einiges mehr den schönen Box Art Darstellungen entsprechen, alle wären zufrieden, auch der anspruchsvolle Modellbauer!

Übrigens, man lasse sich nicht täuschen: Unterschiede zwischen den diversen Schwesterschiffen (etwa Bismarck/Tirpitz, Scharnhorst/Gneisenau, Yamato/Musashi, Blücher/Admiral Hipper/Prinz Eugen, King George V./Prince of Wales/Duke of York, USS Iowa/Missouri/Wisconsin/New Jersey, Littorio/Vittorio Veneto/Roma) sucht man in den Bausatzausführungen vergebens. Ausnahme USS Hornet und USS Enterprise, die immerhin unterschiedliche Flugzeugbestückungen (Doolittle Raid) aufweisen.

Dem renommierten Unternehmen Revell stände es gut an, diese zweifellos berühmten Schiffe endlich in neuen, dem heutigen Standard entsprechenden Formen anzubieten.
Die neueren von Revell entwickelten zivilen Schiffe (etwa Titanic, Queen Mary, Aida, M/S Color Magic, MS Trollfjord) weisen eine schon bessere Qualität auf, kränkeln aber immer noch an unnötig dickwandigen Teilen, mangelnder Kantenschärfe und argen Vergröberungen.

Wie es anders sein könnte, macht HobbyBoss mit seiner Serie von US Zerstörern neuerer Bauart in 1:1200 vor. Aber eben, warum sollte man etwas Verbessertes anbieten, wenn mit den alten Formen der Rubel immer wieder von neuem rollt!



Schlachtschiff Scharnhorst – Bausatzbesprechung

Die beiden Schwesterschiffe Scharnhorst und Gneisenau waren die deutsch Antwort auf den Bau der beiden französischen Schlachtschiffe Dunkerque und Strassbourg. Schnell und gut gepanzert war die Kaliberstärke ihrer Schweren Artillerie mit 28 cm eher etwas gering ausgefallen. Da die Armierung mit 38,1 cm Geschützen den Bau um ein Jahr verzögert hätte, entschloss man sich für eine Ausrüstung mit den erprobten Geschütztürmen der Deutschland Klasse. Kurz nach ihrer Indienststellung wurden sie zwecks besserer Seefähigkeit mit dem eleganten Atlantiksteven ausgerüstet, die Kamine erhielten für Scharnhorst eine schwarze, bei Gneisenau eine silberfarbige, schräge Schornsteinkappe.
Wie schon ihre Vorgängerinnen in der kaiserlichen Marine, wurden sie meistens gemeinsam eingesetzt. Obwohl fast gleich aussehend konnte man sie gut an der Platzierung des Großmastes unterscheiden, bei Scharnhorst dreibeinig achtern, bei Gneisenau an der hinteren Schornsteinkante.


Der Bausatz erschien bei Revell erstmals 1977 auf dem Markt und hat gemäss Scalemates bis heute etwa acht unveränderte Wiederauflagen entweder als Scharnhorst oder als Gneisenau erfahren.

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Der Bausatz besteht aus knapp 50 Teilen. Die Teile sind sauber gespritzt, Fischhäute gibt es kaum. Durch einfaches Schaben mit dem Japanmesser sind die vorhandenen Grate schnell zu beseitigen. Wie ersichtlich, sind die Boote und kleinkalibrigen Geschütze in sehr vereinfachter Form auf dem Deck angegossen. Die Prägung der Plankenstruktur hätte man besser bleiben lassen, sie sind zehnmal zu breit. Überraschend genau sind die Türme der schweren Artillerie dargestellt, hingegen geben die Zwillingstürme der Mittelartillerie eine schlechte Figur ab, während die 10,5 cm Flakgeschütze, von der untauglichen Prägung mal abgesehen, gänzlich fehlen. Beim der Kommandoturmeinheit fehlt den Anbauten die nötige Tiefe und Detaillierung.

Die folgende Darstellung zeigt beispielhaft den groben Fertigungsstandard der Formen.

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Weil in den Schachteln der Scharnhorst wie auch der Gneisenau die exakt gleichen Bausatzformen drinstecken, die sich vorwiegend am Vorbild Scharnhorst orientieren, ist diesbezüglich wenig zu korrigieren.

Wie immer ist die erste Seite des Bauplanes der Entstehung, dem Lebenslauf und den technischen Daten des Originals gewidmet. Wenn ich die Vorlage unter dem Aspekt der jugendlichen Zielgruppe betrachte, dann ist der einleitende Text schlecht verfasst, in der Aussage äusserst mangelhaft und grafisch miserabel gestaltet. Für etwas Besseres hätte es mehr als genug Platz gehabt.

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Die Bauanleitung führt in sieben gut visualisierten Schritten zum fertigen Modell. Der achte Schritt zeigt einen Tarnanstrich, der von viel Phantasie des Grafikers zeugt, meines Wissens aber so nie appliziert wurde. Dabei bietet die Scharnhorst für den versierten Modellbauer je nach Einsatzzeit einige sehr attraktive Tarnanstriche, zum Beispiel:

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Wer sich die Mühe des Abklebens oder Freihandmalens sparen will, kann für die letzte Tarnvariante bei der Firma Peddinghaus entsprechende Abziehbilder ordern. https://www.peddinghaus-decals.de/1-125 ... rnung.html




Schlachtschiff Gneisenau – Bausatzbesprechung


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Was ich zur Bausatzausführung der Scharnhorst angemerkt habe, gilt analog auch für den Bausatz der Gneisenau.

Weil in den Schachteln der Gneisenau wie auch der Scharnhorst gleiche Bausatzformen drinstecken, die sich vorwiegend am Vorbild Scharnhorst orientieren, wären für eine korrekte Darstellung der Gneisenau einige Anpassungen vorzunehmen. Sicher muss der Grossmast an die Hinterkante des Kamins versetzt, und je nach Bauzustand die Flugzeughalle mit der Schleuder angepasst werden.

Auf der erste Seite des Bauplanes finden sich die Angaben zur Entstehung, zum Lebenslauf und zu den technischen Daten des Originals. Wenn ich wie schon bei der Scharnhorst die Vorlage unter dem Aspekt der jugendlichen Zielgruppe betrachte, dann ist der einleitende Text hier ebenfalls schlecht verfasst, in der Aussage sehr mangelhaft (Jugendlichen heute sind sich an umfangreiche Informationen gewohnt) und layoutmässig miserabel gestaltet. Für etwas Besseres wäre genügend Platz vorhanden.

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Die Bauanleitung führt in 7 gut visualisierten Schritten zum fertigen Modell. Der achte Schritt zeigt einen Tarnanstrich, der keinesfalls einem real existierenden Tarnzustand entspricht.
Gneisenau trug einzig im Juli 1940 beim Rückmarsch von Trondheim nach Kiel eine Fleckentarnung am Rumpf und während den Probefahrten im Dezember die schwarz-weissen Streifen der üblichen Ostseetarnung. Bei allen späteren Operationen war sie bis auf wechselnde Fliegererkennungen auf den Turmdecken Grau über alles bemalt.


Gneisenau 1941
Operation Berlin
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Mit grosser Wahrscheinlichkeit war sie auf dem Rückmarsch von Brest durch den Kanal nach Kiel (Unternehmen „Cerberus“) wie ihr Schwesterschiff Scharnhorst mit einem dunkelgrau abgesetzten Rumpf und mit einer gesprenkelten Tarnung an den Aufbauten versehen.
Begründung findet diese Annahme durch ein Foto im Netz, das die Gneisenau später als Blockschiff in der Hafeneinfahrt von Gotenhafen mit eben dieser Tarnung zeigt.


Aus der Werft
Wilfred

Baubericht zur Gneisenau viewtopic.php?p=80400#p80400
Gneisenau in der Galerie viewtopic.php?f=65&t=8066
Zuletzt geändert von KaleuNW am So 28. Feb 2021, 10:41, insgesamt 4-mal geändert.
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ModellfreakDD
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Eine schöne Bausatzvorstellung zweier leider schon veralteten Bausätzen. Aber wie du schon angemerkt hast, ist die Zielgruppe auch nicht der versierte Modellbauer, sondern der junge Anfänger.

Eine Anmerkung hätte ich noch zum Tarnschema der Scharnhorst "SH-Langfjord 1943.jpg" dieses entspringt nachfolgendem Bild und zeigt einen Zerstörer mit Tarnschema, der sich vor die Scharnhorst ins Bild gemogelt hat und dadurch der Eindruck entsteht, die Scharnhorst trägt diese ungewöhnliche Tarnung.

Bild
Quelle: www.kbismarck.com
Zuletzt geändert von ModellfreakDD am Di 5. Jan 2021, 12:43, insgesamt 2-mal geändert.
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Ahoi Frank

Du hast absolut recht, ohne deinen Hinweis hätte ich es nicht bemerkt. Wenn man genau hinschaut, kann man das helle Vorschiff des Zerstörers und die vorderen Aufbauten erkennen. Fast unglaublich wie die Zerstörertarnung in die Operation Paderborn Tarnung der Scharnhorst einsinkt und sich daraus ein scheinbar neues Tarnbild für das Schlachtschiff ergibt!

Diesem Trugbild sind selbst die Herren Toller und Boromi aufgesessen, immerhin Experten, wie ich meine, was die Tarnungen der ehemaligen deutschen Kriegsmarine anbelangt.

Eigentlich wollte ich eine Lanze für die Liebhaber des 1:1200 / 1:1250er Massstabs brechen, einem international weit verbreiteten Sammlermodellmassstab; zugegeben meist Fertigmodelle. Warum aber sollten für die Baukastenmodelle da nicht annähernd die gleichen Anforderungen gelten wie für andere Massstäbe?

Besten Dank für deine Anmerkung und das angefügte Foto. Wieder einmal ein Beweis, wie wertvoll der digital schnelle Austausch sein kann, der das Wissen von Interessierten miteinander verbindet.

Aus der Werft
Wilfred
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KaleuNW
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Ahoi Frank

Wo ist denn jetzt dein eingefügtes Foto betreffend der Tarnung Scharnhorst hingekommen?.
Ich sehe nur noch ein Fragezeichen auf blauem Grund.

Gruss aus der Werft
Wilfred
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ModellfreakDD
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Moin Moin,

gute Frage...Ich habe es aber jetzt gefixt.
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KaleuNW
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Besten Dank Frank :thumbup:
für die Wiedereinstellung des Fotos;
ohne würde deine Anmerkung wenig Sinn ergeben.

Aus der Werft
Wilfred
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Berti67
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Habe the ugly sisters wie die Engländer die beiden Schiffe genannt haben als Kartonmodell
Sehr interessant sie zu bauen ,wenn man die Geschichte der beiden Schiffe kennt ist es noch interessanter.
Viel Spaß beim bauen

LG Robert
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