eupemuc hat geschrieben:
Habe ich schon Anfang der 90er gelesen.
Im Allgemeinen, und ganz besonder hier bei BoB (Battle of Britain), rate ich dringendst davon ab, Bücher in Landser-Romantik-Stil wie Gallands "Die Ersten und die Letzten" als Refernz für historische Begebenheiten heranzuziehen!
Wer etwas zu den Abschüssen, Verlusten, Statistiken zum Luftkrieg über England nachschlagen will, dem empfehle ich hier ganz klar die Buchreihe "Die Jagdfliegerverbände der Deutschen Luftwaffe 1934 - 1945" von Prien, Stemmer, Rodeike und Bock.
http://www.jagdgeschwader.net/index.php ... d7b659b6b2
Dazu ganz besonders die Teile 4/I und 4/II
http://www.jagdgeschwader.net/product_i ... cts_id/116
Diese Buchreihe ist in meinen Augen das kompetenteste was zu dieser Thematik zu bekommen ist. Sowohl in Buchform, als auch im Internet.
Im oben angesprochenem Band 4 geht es schließlich um besagten Zeitraum und dem Einsatz über dem Kanal.
Dort wird ebenfalls auf Gallands Aussagen Bezug genommen:
Galland schreibt:
"Die gerineg Flugdauer der Me109 machte sich jetzt immer nachteiliger bemerkbar. Bei einem einzigem Einsatz eines Geschwaders gingen - ohne Feindeinwirkung - allein durch die Tatsache, dass der zu begleitende Bomberverband nach zweistündiger Flugdauer noch immer nicht das Festland auf dem Rückflug erreicht hatte, zwölf Maschinen verloren. Fünf von ihnen konnten mit dem letzten Tropfen Sprit am Strand der französischen Küste bauchlanden, sieben weitere mussten im Kanal notwassern."
(BoB, S. 24, EuL, S. 103)
Prien schreibt dazu:
"Diese Darstellung ist ein reines Ammenmärchen, eines allerdings, das offenbar ganz besonders dankbar aufgenommen worden ist und seither die blumigsten Ausschmückungen erfahren hat. Kein einziger Jagdverband - Galland zieht es wohlweislich vor, das fragliche Geschwader nicht zu benennen² - hat während der Kämpfe am Kanal überhaupt, geschweige denn bei einem einzigen Einsatz, jemals zwölf Messerschmitts wegen Spritmangels verloren. Denn richtigerweise gingen zwischen dem 1.8. und dem 30.11.1940 bei
allen am Kanal eingesetzten deutschen Tagjagdgruppen zusammen ganze zwei Bf 109 E nachweislich durch Absturz in die See wegen Spritmangels total verloren, während weitere acht bei Notlandungen beschädigt wurden. Dabei wurde ein Flugzeugführer getötet, ein weiterer wurde verletzt. Möglicherweise gingen drei weitere Bf 109 E, die im selben Zeitraum unter unbekannten Umständen über dem Kanal vermisst blieben, auch noch auf das Konto
"Spritmangel" als Verlustursache, doch ist dies keineswegs sicher."
²: Er bezieht sich dabei offensichtlich auf einen Bericht, den Lt. Max-Hellmuth Ostermann von der 7./JG54 vermutlich für die PK (Propaganda-Kompanie) gegeben hat und auszugsweise bei Bekker, aaO., S. 221 ff, wiedergegeben wird; dieser bezieht sich auf den Einsatz der III/JG54 vom 30. September 1940 und stellt ein Musterbeispiel von schönstem "
Jagdfliegerlatein" dar, wenn es dort unter anderem heisst:
"[...] Einer nach dem anderen musste auf dem Wasser notlanden: eine Schaumspur, hinterher eine gelbe Schwimmweste, ein grüner Fleck ... [...] "
Als Ergebnis dieses Einsatzes sollen nach über zwei Stunden Einsatzzeit sieben Bf 109 mit trockenen Tanks notgewassert und fünf am Starnd bei Abbeville ( ! ) notgelandet sein. Tatsächlich wurden bei dieser Gelegenheit zwei Bf 109 E der 7./JG54 bei Bauchlandungen wegen Spritmangels bei Dieppe mässig beschädigt, ihre Flugzeugführer blieben unverletzt. Eine noch weit hanebücherne Geschichte wurde unlängst in einer Fernsehserie des ZDF über den Luftkrieg im II. Weltkrieg zum Besten gegeben, wo ein vormaliger Flugzeugführer des JG 52 von einem Vorfall zu erzählen wusste, bei dem eine einzige Gruppe bei einem Englandeinsatz 19 Bf 109 E wegen Spritmangels durch Notwasserung auf dem Kanal verloren hätte, wobei nicht weniger als 17 Flugzeugführer ertrunken sein sollen. Offensichtlich hatten die verantwortlichen Redakteure dieser Sendung - Leitung Guido Knoop - es nicht für nötig befunden, diese ganz offensichtlich fragwürdige Geschichte zu überprüfen, so dass die haarsträubende Darstellung des alten Fliegers dem staunenden Fernsehvolk als geschichtliche Tatsache vermittelt wurde.
Dieser kurze Auszug ist nur ein Punkt der die inzwischen maßlos verfälschten Tatsachen zum Luftkrieg über England ins rechte Licht rückt.
Man kann sich vielleicht vorstellen, was auf den restlichen 900 Seiten der beiden Buchbände noch zusammen kommt.
Gruß, Dierk