Lackierungen und Sonderlackierungen im 2. Weltkrieg

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Scusslebut
Beiträge: 126
Registriert: Di 28. Jul 2020, 17:45

Hallo zusammen,

ich bin nach längerer Abstinenz vor ein paar Monaten wieder zum Plastik-Modellbau gekommen, besonders die Flugzeuge des 2. Weltkrieges in 1:72 haben es mir angetan. Ich bin da aber kein Fachmann, deshalb nicht böse sein, falls ich hier völligen Quatsch erzähle. Mir sind in den letzten Wochen zwei Fragen zur Lackierung der Flugzeuge im 2. Weltkrieg gekommen. Vielleicht kann mir jemand aus dem Forum weiterhelfen, eine kurze Antwort geben und vielleicht auch Fachliteratur empfehlen.

1. Wie sinnvoll waren Tarn-Lackierungen bei Flugzeugen?
Mir leuchtet schon ein, dass man z. B. Nachtjäger schwarz oder grau lackiert hat, damit diese bei Dunkelheit nicht zu sehen sind.
Wie sieht das aber bei „normalen“ Flugzeugen aus? Die meisten Flugzeuge waren, so wie ich das zumindest sehe, unten in einem hellen Grau oder Blau Lackiert. Ich nehme an, das sollte die Farbe des Himmels imitieren. Wenn ich jetzt aber alte Filme oder Fotos von fliegenden Flugzeugen sehe, dann heben sich die Flugzeuge trotzdem deutlich vom Himmel ab. Das deckt sich soweit auch mit meinen Erfahrungen, dass bei klarem Himmel Flugzeuge recht deutlich zu erkennen sind, egal welche Farbe sie haben. Oder täusche ich mich hier etwa?
Die Oberseite der Flugzeuge war in der Regel in verschiedensten Variationen von Braun, Grau und Grün gehalten, um den Boden zu imitieren. Sollte das die Flugzeuge davor schützen entdeckt zu werden wenn diese noch am Boden auf dem Flugfeld stehen? Auch hier finde ich, dass alte Fotos von Aufklärern Flugzeuge am Boden recht deutlich zeigen, allein schon wegen der charakteristischen Form und dem Schattenwurf. Oder liegt das nur daran, dass ich solche Ansichten nur aus scharfen Fotos kenne, ein Pilot in hoher Geschwindigkeit beim Überflug die in Tarnfarben lackierten Flugzeuge aber durchaus übersehen konnte?
Mir leuchtet ein, dass gedeckte Farben weniger auffällig sind, als ein grelles Orange, aber war ein aufwendiger Tarnanstrich wirklich so effektiv?
Hinzu kommen die, meiner Meinung nach recht auffälligen Kennzeichnungen, z. B. gelbe Flugzeugnasen oder Flügelspitzen bei der Luftwaffe. War das nicht wieder so auffällig, dass der ganze Tarnanstrich wieder hinfällig war?
Dann gibt es natürlich noch Flugzeuge, die komplett auf Tarnlackierungen verzichtet haben, z. B. die Amerikanischen Jäger, die oftmals „unlackiert“ waren, also das glänzende Metall gezeigt haben. Diese Flieger müssen doch unglaublich auffällig gewesen sein. Hatte dies eine Bewandtnis? Günstigere Produktion, weil man sich eine aufwendige Lackierung gespart hat? Bessere Flugleistungen durch Gewichtsreduzierung? Oder konnte man auf eine Lackierung verzichten, weil solche Flugzeuge nur in Gebieten mit absoluter Lufthoheit eingesetzt wurden?
Vielleicht hat sich ja jemand hierzu schon Gedanken gemacht, ich würde mich über eine Antwort freuen.

2. welche besonderen, auffälligen und bunten Lackierungen gab es im 2. Weltkrieg?
Ich halte Ausschau nach besonders farbenfrohen Lackierungen, die sich im Modell darstellen lassen. Im ersten Weltkrieg gab es ja viele farbenfrohe Flugzeuge, wie den „Roten Baron“ und bei modernen Jägern findet man auch immer wieder tolle Sonderlackierungen, z. B. zu den „Tigermeet“-Events, aber für den 2. Weltkrieg sind mir bisher nur wenige Modelle untergekommen. Tamiya bietet z. B. eine Messerschmitt Bf 109 G-6 mit einem großen Auge auf jeder Seite an und eine Fw 190 D9 vom Jagdgeschwader 44 mit rot weiß gestreifter Unterseite. Hin und wieder findet man auch Modelle vom „Wanderzirkus Rosarius“ mit gelber Unterseite. Daneben ist mir noch die 5000. P-38 Lightning komplett in rot mit „Yippee“-Schriftzug untergekommen. Nicht ganz so farbenfroh, aber zumindest anders, sind einige Heinkel He 100, die als Luftverteidigung für die Heinkelwerke eingesetzt wurden.
Vor kurzem bin ich dann noch zufällig auf die B-17 und B-24 „Assembly Ships“ gestoßen, die unglaublich bunt waren, leider habe ich hierzu kaum Modellbausätze gefunden.
Kennt noch jemand tolle Lackierungen? Evtl. gab es ja Flugshow-Staffeln oder spezielle Lackierungen für Paraden oder Jubiläen etc. Ich bin für jeden Hinweis dankbar.

So, das war‘s erst mal. Ich bin auf eure Antworten gespannt und bedanke mich schon mal im Voraus für die Unterstützung.

Viele Grüße Scusslebut
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Simitian
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Registriert: So 7. Okt 2018, 19:02
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Hi,
zu 1.
Die Tarnung sollte die Sicht erschweren. Ganz unsichtbar machen ist da nicht drin bei der
Tarnung. Egal ob gegen den Himmel bei erhöhter Position oder gegen den Boden bei
niedriger Position.
Einen kleinen Zeitvorsprung kann man da schon rausholen, bevor man entdeckt wird.
Und der kann bzw. konnte entscheidend sein.

Bei denn Amerikanern, war wie du schon bemerkt hattest, teiles keine Tarnung vorhanden.
Bei der zb. B17 hatte man zum Teile aus Gewichtsgründen darauf verzichtet.
Und ebenso bei der P51 Mustang als Begleitjäger.
Auch spielte die Lufthoheit eine Rolle.

Die Zb.
Auffällige Kennzeichnung verschwanden bei der Luftwaffe, nachdem die Lufthoheit verloren ging.
Wie zb. die Winkel der Geschwaderführer am Rumpf.
Diese sollten den eigenen Flugzeugen Orientierung geben.
Jedoch war der Gegner darauf fixiert, grade diesen abzuschießen.

Bezüglich gelbe Flächen:

Zitat:
Die heftigen Luftkämpfe über den britischen Inseln im Sommer 1940 verlangte nach schnellstmöglicher Erkennbarkeit in der Luft. In dieser Zeit wurden bei den deutschen Jagdflugzeugen große Flächen in gelb bemalt. Diese konnte man an den Flügelspitzen finden, an den Spitzen der Leitwerksflächen und an den Probellerhauben, aber die meistverbreitete Praxis war es die Motorhaube und das Seitenruder in Gelb zu bemalen.

Dies wurde beibehalten, bis im Sommer 1941 neue Anweisungen kamen. Man hatte bald festgestellt, daß eine völlig gelbe Motorhaube zu verräterisch war, und so wurde nun nur noch die Unterseite der Motorhaube und die Seitenruder gelb bemalt.

Link dazu

MfG
Jan
Derzeitiges Projekt: Bf 110 G-4 in 1:48 von Revell.
Aus Prinzip, finden die Bemalungen meiner Modelle nur mit Pinsel statt.

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Bluescreen
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Es gab bei diesem Thema ja immer das Dilemma, dass die Flieger einerseits schwer erkennbar sein sollten, andererseits aber eindeutig als Freund oder Feind identifizierbar sein mussten.

Ich denke, dass die Tarnfarben eher psyschlogischen Aspekten geschuldet waren.
Zuletzt geändert von Bluescreen am Di 28. Jul 2020, 20:13, insgesamt 1-mal geändert.
Scusslebut
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Registriert: Di 28. Jul 2020, 17:45

Hallo,

vielen Dank für die schnellen Antworten und für den Link, da kann ich mich mal einlesen.

Viele Grüße Scusslebut
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Aktvetos
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Die ungefähr sinngemäß gleiche Frage hatte ich unseren Schiffs Profis gestellt gehabt. Weil da auf diversen Schlachtschiffen auch die Geschütztürme in, nja, fast Signalfarben, markiert waren.
Auch hier, zur besseren Freund/Feind Erkennung. Die sogar je nach Einsatz variieren konnte. Ging da aber mehr darum das die eigenen Schiffe nicht von Flugzeugen angegriffen worden sind.
Sollte etwas falsch an meiner Antwort sein, werden mich dazu die Schiffsprofis sicherlich berichtigen ;)
Bluescreen
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Ich habe a lässl7ch des Baus einer Mustang mal das Tagebuch eines amerikanischen Piloten gelesen. Bei einer Mission heisst es lapidar: 36 losses today. 6 by fighters, 2 by flak and 28 by other causes.

"Other causes" bedeutet wohl, dass die Dinger in der Luft auseinandergefallen sind, kollidiert, ohne Feindeinwirkung explodiert oder bei Start oder Landung verunfallt sind. Und das bei den fortschrittlichen P51.

Keiner dieser Verluste war wohl auf einen fehlenden Tarnanstrich zurückzuführen. Deshalb vermute ich, dass die Tarnfarben eher zur Beruhigung oder weil man es schon immer so gemacht hatte, aufgebracht wurden
Scusslebut
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Vielen Dank für die Hinweise und Antworten. Da hatte ich zumindest nicht als Einziger Gedanken in diese Richtung.

Viele Grüße Scusslebut
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